Das aktuelle Urteil: Baurecht

In einer neueren Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof mit einer wichtigen Frage aus dem Bauvertragsrecht befasst.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.11.2007 - VII ZR 183/05:
Haftung für unzureichende Vorleistung eines anderen Unternehmers

Sachverhalt
In dem dem oben genannten Urteil zu Grunde liegenden Fall hatte ein Heizungsbauer die Erstellung einer Heizungsanlage in einem nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossenen Forsthaus übernommen. Den Wärmebedarf des Forsthauses hatte der Heizungsbauer mit 25 kW errechnet. Die Wärme für die Anlage wurde von einem Blockheizkraftwerk geliefert, das kurz zuvor ein anderer Unternehmer errichtet hatte. Die maximale thermische Leistung des bestellten und installierten Blockheizkraftwerks betrug 12 kW. Nach Fertigstellung der Heizungsanlage verweigerte der Bauherr die Abnahme, unter anderem mit der Begründung, das Forsthaus werde nicht ausreichend erwärmt. Wie sich herausstellte, beruhte dies allein auf der zu geringen Wärmeleistung des Blockheizkraftwerks. Die Heizungsanlage selbst war fachgerecht errichtet. Durch den Einbau eines größer dimensionierten Blockheizkraftwerks konnte keine Abhilfe geschaffen werden, weil der Strombedarf nicht hoch genug war.

Werkmangel
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Heizungsanlage im Rechtssinne als mangelhaft anzusehen ist. Maßgeblich hierfür sei nicht allein die fachgerechte Ausführung der Anlage selbst. Der Heizungsbauer schulde vielmehr auch einen Erfolg, nämlich eine ausreichende Erwärmung des Hauses.

Prüf- und Hinweispflicht fü Vorgewerke
Dass die unzureichende Erwärmung allein auf der zu geringen Wärmeleistung des Blockheizkraftwerks und damit auf der Leistung eines Vorunternehmers beruhte, entlastet den Heizungsbauer nur dann, wenn er vor Ausführung seines Werks der ihm obliegenden Prüf- und Hinweispflicht genügt hat. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war dies ungeklärt. Deshalb wurde der Rechtsstreit an die Vorinstanz zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat aber klar gestellt, dass die Beweislast beim Heizungsbauer liegt. Dieser muss nachweisen, dass er die Eignung der Wärmequelle hinreichend überprüft und aufgetretene Bedenken dem Bauherrn mitgeteilt hat. Wenn er diesen Nachweis führen kann, haftet er für den Mangel nicht. Wenn ihm der Nachweis nicht gelingt, kommt es darauf an, ob der Bauherr die Anlage auch trotz eines solchen Hinweises hätte errichten lassen. Das lag in dem geschilderten Fall zwar nahe. Auch insoweit liegt die Beweislast aber beim Heizungsbauer. Kann er auch diesen Nachweis nicht führen, erhält er für seine Leistung keine Vergütung.

Keine Unterschiede zwischen VOB- und BGB-Vertrag
Diese Rechtslage gilt sowohl beim VOB/B-Vertrag als auch beim reinen BGB-Vertrag. Sie gilt auch unabhängig davon, ob der Vertrag vor oder nach dem 01.01.2002 geschlossen wurde. Die an diesem Datum in Kraft getretenen Neuregelungen in BGB und VOB/B haben, wie der Bundesgerichtshof ausdrücklich betont hat, insoweit keine Änderungen gebracht.

Konsequenzen für die Praxis
Als praktische Konsequenz aus dieser Rechtsprechung kann einem Unternehmer nur geraten werden, die Vorleistungen anderer Unternehmer und auch eventuell vom Bauherrn zur Verfügung gestellte Stoffe oder Bauteile vor der Leistungserbringung sorgfältig zu untersuchen und eventuelle Bedenken vor Beginn der Arbeiten schriftlich mitzuteilen. Soweit es sich um Planungsfehler handelt, ist zusätzlich zu beachten, dass ein Hinweis an den bauleitenden Architekten nicht ausreicht; in diesem Fall muss der Bauherr selbst informiert werden. Nur auf diesem Weg kann eine Haftung für die Mängel anderer Unternehmer zuverlässig vermieden werden. Ansonsten kann nur versucht werden nachzuweisen, dass der Bauherr auch bei Erteilung des unterbliebenen Hinweises auf der Ausführung der Leistung bestanden hätte. Das wird in den wenigsten Fällen gelingen.

Kündigungsmöglichkeit
Wenn der Hinweis rechtzeitig erteilt wird, kann der Bauherr den Werkvertrag kündigen. Er bleibt in diesem Fall verpflichtet, die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen zu bezahlen. Der Vergütungsanspruch besteht aber nur dann, wenn die Mängel vor Auftragserteilung noch nicht erkennbar waren oder wenn der Unternehmer schon vor Vertragsschluss darauf hingewiesen hat. Um den Vergütungsanspruch zu sichern, sollten deshalb möglichst schon in der Angebotsphase mögliche Leistungshindernisse ermittelt und mitgeteilt werden. Diese Prüfung kann naturgemäß nicht mit gleicher Intensität wie nach Auftragerteilung erfolgen. Sie befreit darüber hinaus nicht davon, nach Auftragserteilung erneut zu prüfen und aufgetretene Bedenken mitzuteilen. Je früher und je intensiver diese Prüfung erfolgt, um so geringer ist die Gefahr, trotz an sich ordnungsgemäßer Leistung keine Vergütung zu bekommen.

Den vollständigen Urteilstext finden Sie auf den Webseiten des Bundesgerichtshofs.